Aus dem damaligen Erläuterungstext: Grundsätzlich versteht sich die Planung als Plädoyer für eine Parkgestaltung vor dem Palast der Republik, seinen Wiederausbau zu einem multifunktionalen Kulturzentrum und die Hinzufügung eines Solitärs auf dem Sockel des ehemaligen Nationaldenkmals. Das Ensemble Lustgarten/ Schlossplatz ist städtebaulich erhaltenswert, seine authentischen Platzkanten fassen einen Platz faszinierender innerstädtischer Großzügigkeit. Eine Querverbauung in Schlossdimension würde dies vernichten. Dies war prinzipiell die Meinung von immerhin 52% der Befragten einer Forsa-Umfrage im Auftrag des Spiegel 3/01.
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Gerade die zunehmende bauliche Dichte im Berliner Stadtzentrum macht den Erhalt des „Großen Berliner Gartens“, das Gesamtensemble vom Alexanderplatz bis Schlossplatz, als eine Art „Central Park“ unbedingt notwendig. Wiedererweckte Sehnsüchte nach „historischer Enge“ dürfen nicht als Vorwand für eine stets flächenbegierige Immobilienspekulation dienen.
Das Ensemble Schlossplatz wird entscheidend bereichert durch die Hinzufügung eines Solitärs, dem „Kleinen Stern“. Dieser soll die eindrucksvolle Wirkung des verloren gegangenen „Ahornblattes“ wieder aufnehmen. Die vollkommene Transparenz in Verbindung mit einer außergewöhnlichen Geometrie des Betonschalenbaues machen das Gebäude aus jedem Blickwinkel zu einer kleinen Sensation.
Innenraum
Als konkrete Baumaßnahme am Palast der Republik wird hier eine transparente Verbindung der Saalaufbauten durch eine gefaltete Glaskonstruktion vorgeschlagen, unter der sich der Spiegelpalmengarten – die Seitenwände sind verspiegelt – befindet. Für die Gebäudeproportion vorteilhaft wäre dies auch eine ideale Nutzungsergänzung. Desweiteren bekommt der Palast durch weitere Modifikationen eine leichtere Erscheinung und zeigt sogar Konstruktion – sehr zum Vorteil in der Vermittlung mit seiner Umgebung und den heutigen Gestaltungsempfindungen.
Berliner Morgenpost, 16.Mai 2001
Statt Schloss ein «kleiner Stern»
Eine kühne Vision für den Schlossplatz
Von Tobias Schmidt
Mitte – Was soll bloß mit dem Schlossplatz geschehen? Seit zehn Jahren scheiden sich die Geister an der Frage, ob und in welcher Form das 1950 gesprengte Hohenzollernschloss wieder aufgebaut werden kann, oder ob nicht lieber der Palast der Republik nach seiner Asbestsanierung als architektonisch und historisch denkwürdiges Bauwerk erhalten bleiben sollte.
Carsten Joost vom Bund Kritischer Architekten hat jetzt einen kühnen Entwurf vorgelegt, der die festgefahrene Schloss-Debatte weitgehend ignoriert und statt dessen die Nutzung des weiten Platzes zwischen Spree und Spreekanal in den Vordergrund rückt.
Das Schloss selbst taucht bei Joost nur in Form eines begehbaren Plexiglasbrunnens in der Platzmitte auf. Das rechteckige Glasbassin gibt den Blick auf Ruinenstücke frei, die in einem Raum unter dem Brunnen ausgestellt sind. Eine ironische Replik auf das Fluten der Schlossbaustelle durch wütende Bürger, die sich anno 1447 rabiat gegen das Bauvorhaben des Kurfürsten Friedrich II. wehrten. Um den Brunnen herum gruppiert Joost drei Grünflächen und mehrere Schachfelder.
Während der Platz zum Lustgarten hin offen ist, wird er an der Stirnseite vor der Rathausstraße von einer fünf Meter hohen Treppenanlage eingefasst. Sie führt den Erdgeschosssockel des Palastes der Republik weiter. Auf der Spitze der Treppe befindet sich eine 90 Meter lange Sonnenterrasse. Erzielt Joost auf der Südseite durch Sitzmulden und Pflanzungen eine kleinteilige Wirkung, entsteht auf der Platzseite ein offener Charakter.
Den Palast der Republik selbst lässt Joost in seinem Bauplan stehen, ergänzt durch einen üppigen Spiegelpalmengarten auf dem Dach, zwischen Volkskammersaal und Haupttrakt. Mit dem horizontal und vertikal gefalteten Glaskörper soll die schroffe Lücke im Dachbereich geschlossen werden. Der Palmengarten gewährt den Zugang auf zwei Terrassen – in Richtung Marx-Engels-Forum sowie zum Schlossplatz.
Das originellste wenngleich auch gewöhnungsbedürftigste Element in Joosts Plan ist sein «kleiner Stern» im Südwesten des Platzes, auf dem Sockel des ehemaligen Kaiserdenkmals. Als Hommage an das trotz Denkmalschutz abgerissene Ahornblatt an der Fischerinsel hat es ein fünfzackiges Betonschalendach, das als Sonnenschutz weit über den eigentlichen Baukörper hinausragt. Ein Konzert- und Podiumssaal fände im «kleinen Stern» Platz. Der Saal sei, so Joost, für die BKA-Veranstaltungen wie maßgeschneidert.
«Grundsätzlich ist mein Plan ein Plädoyer für den Erhalt des großzügigen Ensembles von Lustgarten und Schlossplatz. Durch eine Querverbauung in Schloss-Dimension würde der große Berliner Garten zerstört», sagt er weiter. Ob sich die Schlossplatz-Kommission bei ihrer nächsten Sitzung am 25. Mai mit Joosts Entwurf befasst, ist noch ungewiss. «Wir sind für alles offen,» hieß es hierzu gestern aus dem Bundesbauministerium.
Zurzeit sind Joosts Pläne in der Galerie Haarkunst an der Weserstraße 15 in Friedrichshain zu sehen, in zwei Wochen wandern sie zusammen mit einem Modell des Schlossplatzes ins Kunsthaus Tacheles an der Oranienburger Straße.
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Diese Alternativplanung war an vielen Orten ausgestellt und eine von leider sehr wenigen, in der sich ernsthaft mit der Einbindung des Palast der Republik in das städtische Gefüge beschäftigt wurde. Mittlerweise steht auf dem großen Platz das Betonmonster mit dem Namen “Schloss”.
Berliner Morgenpost, 21.Mai 2001
Chef der Schlossplatz-Kommission hält Joosts Idee nicht für sinnvoll
sg Mitte – Das städteräumliche Konzept, sprich die Gestaltung um den Schlossplatz herum, ist am Freitag einer der Tagesordnungspunkte der Kommission «Historische Mitte Berlin». Dabei werden sich die 23 Mitglieder der so genannten «Schlossplatz-Kommission» am Rande auch mit den Visionen des Schlossgegners Carsten Joost vom Bund Kritischer Architekten beschäftigen. «Joosts Vorschläge spielen eine gewisse Rolle» sagte der Vorsitzende der internationalen Expertenrunde, SPÖ-EU-Abgeordneter Hannes Swoboda, gegenüber dem Lokalanzeiger. Schlossgegner Joost will den Palast der Republik stehen lassen und auf dem Dach zwischen Volkskammersaal und Haupttrakt einen Spiegelpalmengarten errichten. Darüber hinaus sieht sein Entwurf eine Treppenanlage vor, die vom Erdgeschosssockel des «Palazzos» zu einer 90 Meter langen Sonnenterrasse führt. Das Schloss selbst soll einzig in Form eines begehbaren Plexiglasbrunnens in der Mitte des Platzes vorkommen. Geplant ist zudem ein «kleiner Stern» mit Konzert- und Podiumssaal im Südwesten.
Der österreichische EU-Abgeordnete (SPÖ) Swoboda findet die Entwürfe Joosts zwar «interessant», glaubt «aber nicht, dass dies ein Modell ist, dem wir folgen sollten. Wir brauchen sicher eine faszinierende Bebauung, aber ich denke, wir brauchen auch Elemente, die das Schloss zumindest in Teilen stärker erkennen lassen», begründet der Österreicher seine zurückhaltende Ablehnung des Joost-Entwurfes.
Neben Fragen der städtebaulichen Situation im Umfeld des Schlossplatzes wird sich die Kommission auch damit befassen, ob ein möglicher Teilerhalt des Palastes der Republik in Kombination mit einem Schlossneubau technisch möglich ist. Darüber hinaus steht auch das Nutzungskonzept der künftigen Räume u. a. durch die Wissenschaftssammlung der HU zur Debatte.